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Hallo zusammen,
die Frage nach der richtigen Methode für mein Promotionsvorhaben beschäftigt mich derzeit auch.
Vor dem Hintergrund meines Erkenntnisinteresses – die Herausarbeitung, mit welchen Argumenten die Entwicklung sozialer Roboter für den Bildungskontext begründet und legitimiert wird – lautet meine (aktuelle) Forschungsfrage: Auf Basis welcher (impliziten) Annahmen / (kollektiven) Orientierungen / Leitbilder entwickeln Roboter*innen soziale Roboter für den Bildungskontext?
Untergeordnete Fragen, die ich mitbeantworten möchte, sind: Wie wird vor dem Hintergrund dieser (impliziten) Annahmen / (kollektiven) Orientierungen / Leitbilder Kind-Roboter-Interaktion gestaltet? Und – im Sinne von werte- und sozialverträglicher Technikgestaltung: Welche Werte werden in diesen impliziten und expliziten) Annahmen / (kollektiven) Orientierungen / Leitbildern ersichtlich?
Die Klammern () ergeben sich durch die unterschiedlichen Begrifflichkeiten, welche die unterschiedlichen Methoden verwenden. Beschäftigt habe ich mich bisher mit der (1) Grounded Theory, (2) Dokumentarischen Methode und dem (3) Technology Assessment.
Mir scheint, dass es bei der (1) Grounded Theory darum geht, eine Theorie über ein bestimmtes Phänomen zu entwickeln, das Handlungsbezug haben muss und mit dem Zusammenwirken von Ursachen, Bedingungen, Kontext, Strategien und Konsequenzen erklärt werden kann. Diesbezüglich stellt sich mir die Frage, was das Phänomen sein könnte, welches ich unter meiner Fragestellung herausarbeiten kann. Könnte das z.B. eine Vision von “Bildungsrobotern” sein, die wiederum von spezifischen Anforderungen von Kindern und an Bildung/Lernen geprägt ist?
Dahingegen versucht die (2) Dokumentarische Methode, kollektive Orientierungen auf Basis von Habitus zu rekonstruieren. Dies schien mir zunächst genau das zu sein, was ich erforschen möchte. Dierkes et al. definieren Leitbilder als „Vorstellungen über gegebene oder herstellbare technische Möglichkeiten […], die sich zu vorausdeutenden Technikentwürfen verdichten und als wahrnehmungs-, denk-, entscheidungs- und handlungsleitender Orientierungsrahmen für individuelle und kollektive Akteure in technikgenetischen Prozessnetzwerken wirken“ (1992, S. 10, Hervorhebung durch Autorin). Allerdings werden bei der Dokumentarischen Methode oftmals biographische und Sozialisationsaspekte als wichtige Elemente für die Analyse genannt. Mich interessiert aber nicht bzw. nur am Rande der Weg von Robotiker*innen zu ihrem jetzigen Tätigkeitsfeld. Vielmehr bin ich an dem (Annahmen / Orientierungen / Leitbilder) interessiert, was für Roboter*innen handlungsleitend beim Gestalten und Programmieren der Hard- und Software von sozialen Robotern ist, also von wem (Zielgruppe: Kinder) und was (Anwendungs-/Nutzungskontext: Bildung) sie ausgehen, wenn sie Technik entwickeln.
An die Wahl der Auswertungsmethode ist natürlich auch die Erhebungsmethode gekoppelt. Diesbezüglich stellt sich mir die Frage, wie ich an die – um mit der Dokumentarischen Methode zu sprechen – atheoretischen, impliziten, Konjunktiven Wissensbestände von Roboter*innen herankomme und ob ich diese überhaupt meine, wenn ich an den den Technikentwicklungsprozess leitenden Vorstellungen interessiert bin. Diese basieren nämlich – so die These – weniger auf Erfahrungen, sondern vielmehr auf Visionen, die ja eher Narrative als Narrationen sind?! Wie komme ich also mit von Grounded Theory und Dokumentarische Methode gleichermaßen geforderten narrativen Erhebungsmethoden an meinen Forschungsgegenstand heran?
Das (3) Technology Assessment scheint wiederum wenig (eigene) fundierte wissenschaftliche Methoden zu haben, sondern nähert sich ihren Forschungsgegenständen aus meiner Sicht eher pragmatisch mit dem Ziel „einer Erforschung der sozialen Prozesse, die indirekt über die Leitbildentwicklung zur Technikgestaltung beitragen, unter der Analyse der ‚Stellschrauben‘ für Eingriffe in diese Prozesse“ (Grunwald, 2010, S. 102).
Über Anregungen, Fragen und Antworten freue ich mich!
Beste Grüße,
Scarlet